Vor Kurzem war es so weit: Ich hatte innerhalb eines Monats mehr als 100000 Euro an Einnahmen generiert. Ich? Blödsinn! Aber ich fange erst einmal ganz von vorne an.
Bis ich zum ersten Mal mit eigenen Websites Geld verdient habe ist viel Zeit vergangen. Meine ersten Schritte in Sachen Webdesign und Webseiten basteln habe ich vor über 20 Jahren im Nachmittagsschulunterricht gemacht. Es war ein freiwilliger html-Kurs, bei dem wir neben recht brauchbaren html tags auch Dinge lernten, die heute längst überholt sind wie z.B. iframes, Flash oder auch die Nutzung von sogenannten WYSIWYG-Editoren.
1998 war Hosting für einen Schüler im Prinzip nicht bezahlbar, und daher wurde das Projekt eigene Website erst einmal ad acta gelegt. Ich kann mich aber noch gut daran erinnern, dass ich dann ziemlich schnell in den eBay-Handel eingestiegen bin. Mein Bruder und ich waren ziemlich nerdig unterwegs und haben Magic the Gathering gespielt – ein Sammelkartenspiel mit Drachen, Zauberern, Elfen, Zombies und weiteren mystischen Fabelwesen.
Für junge Schüler war der Handel mit diesen Karten recht interessant, um sich das Taschengeld aufzubessern. Gerade eBay bot sich sehr gut an, um die wertvolleren ertauschten Karten gewinnbringend zu versteigern. Schon damals hatte sich gezeigt, dass mein Bruder deutlich mehr Talent hatte, „gute Deals“ zu machen – aber das ist wieder eine andere Geschichte.
Die wohl bekannteste Magic the Gathering Karte war schon immer die „Black Lotus“. Damals hätte man sie noch für ein paar hundert DM kaufen können. Mittlerweile kostet diese Karte in „mint condition“ zig tausend oder gar hundertausend Euro und mehr.
Das ist eine Preissteigerung, die extrem ist, aber nicht über Nacht erfolgte. Auch „meine“ Einnahmen sind ja nicht in kürzester Zeit von 0 Euro im Monat auf über 100000 Euro gestiegen – aber ich greife schon wieder vor.
Der eBay-Handel und die „Goldgräberstimmung“ waren irgendwann vorbei, und ich wandte mich anderen, „seriöseren“ Formen des Geldverdienens zu wie z.B. Nachhilfeunterricht geben. Ich hatte schon immer Freude daran, Dinge zu erklären, und selbst zu Studienzeiten war das ein durchaus schöner Nebenerwerb.
Ich kann mich noch gut daran erinnern, dass ich mich vor allem auf südkoreanische Studenten spezialisiert hatte, da sie immer recht geduldig Deutsch lernen wollten und ich meine tollen linguistischen Kenntnisse aus dem Germanistik-Studium gewinnbringend einsetzen konnte.
Das mit dem Germanistik-Studium hielt allerdings nicht sonderlich lange an, und ich widmete mich nach ein paar Semestern recht durchwachsenen Studienerfolgs wieder dem Geldverdienen bzw. „Geldmachen“ – nämlich dem Pokerspielen.
Das lief dann ein paar Jahre ganz gut, und ich konnte mein recht nüchternes Studentendasein damit mehr schlecht als recht finanzieren, doch immerhin kam ich über die Runden. Meine erste Website drehte sich dann auch um das Thema Pokern, wobei ich auch schon ein Affiliate-Programm am Start hatte.
Dieses Affiliate-Programm hat selbst nach Jahren keinen einzigen Cent an Einnahmen generiert.
Den ersten Cent hatte ich dann mit Google Adsense „verdient“, was in 2007 gewesen sein muss. Ich hatte Lunte gerochen.
Bis es allerdings zur ersten „stolzen“ Auszahlung von 70 Euro kam, war mind. ein weiteres Jahr vergangen. Doch entscheidend war in dem Jahr die Lektüre eines SPIEGEL Spezials, welches sich um Blogs und Google drehte. Ich hatte etwas von SEO (Suchmaschinenoptimierung) gelesen, und als mich dann eine Münchner Agentur bzgl. einer Linkkooperation (fast wieder ein Jahr später) angeschrieben hatte, tauchte ich im August 2008 in die Geheimnisse des Internet Marketing ein.
Von heute auf morgen lernte ich, dass es möglich ist, deutlich mehr im Monat durch eigene Websites zu verdienen als ein paar Cent. Ich war stolz wie Oscar, dass ich ganze 20 Euro (!) für einen neu geschriebenen Artikel auf meinem Blog erhielt. Als mittlerweile Geschichte- und Philosophie-Student fand ich das irgendwie faszinierend.
Immerhin war ich also in ca. einem Jahr von ein paar Cent pro Monat auf 20 Euro und mehr gekommen. Von einem „Unternehmen“ konnte dabei noch keine Rede sein, wobei es rein rechtlich gesehen vermutlich ein Minigewerbe war, weshalb ich dann irgendwann auch mal zum Gewerbeamt marschiert bin, um mein Nebengewerbe als Student anzumelden.
Mich „voll“ selbständig gemacht habe ich mich dann nach meinem Studium im März 2013. Ich hatte zuvor noch weiter in der Online-Agentur gearbeitet, die mich 2008 angeschrieben hatte, und zwischendurch auch ein Seminar zur „beruflichen Selbständigkeit“ besucht. Von richtigem Unternehmertum hatte ich aber immer noch keinen Schimmer.
Während dieser fünf Jahr wurde allerdings auch der Grundstein gelegt für (m)ein erstes „echtes Unternehmen“: Philippinen Tours. Ein weiterer Blog, auf welchem mein Vater, mein Bruder und meine Wenigkeit alles Mögliche rund um unsere Reisen auf den Philippinen zum Besten gaben.
Da es zwar ein paar andere Blogs in dem Bereich gab, allerdings keine suchmaschinenoptimierten, wurden wir recht schnell gefunden und erhielten immer mehr Besucher. Diese fingen dann an E-Mails mit Fragen an uns zu schreiben. Es wurden immer mehr, und irgendwann war es dann so weit, und ich machte meinen ersten richtigen „sales call“.
Ich kann mich noch gut erinnern wie ich über eine ziemlich schlechte Internetverbindung mit unseren zwei ersten Gästen geskyped habe, um eine mögliche Reiseroute zu besprechen. Ich war mittlerweile (zumindest temporär) nach meinem Studium auf die Philippinen (meine zweite Heimat) ausgewandert und telefonierte von Cebu nach Niedersachsen.
Ich hatte kurze Zeit später meinen allerersten Vertrag als Reiseveranstalter aufgesetzt und konnte es nicht fassen, dass ich fast 2000 Euro überwiesen bekommen sollte für eine Philippinenreise, bei der ich zwei Wochen lang vor Ort mit Gästen unterwegs sein würde, dabei in meinen Lieblingsresorts übernachten, am Strand Cocktails schlürfen und Spaß haben würde.
Und das Allerbeste daran: nach meinen Berechnungen würde ich nach diesem zweiwöchigen Arbeitseinsatz sogar etwas zusätzlichen Gewinn machen. Der Gewinn entpuppte sich dann allerdings als Verlust, weil ich völlig falsch kalkuliert hatte. Das war bei der nächsten Reise im Prinzip nicht sonderlich anders, und ich verbuchte das als Lehrgeld.
Was entscheidend war: Ich bzw. Wir hatten den Schritt vom Blog zum Unternehmen gemacht. Das erforderte einen „mindset shift“. Wir fingen dann im Frühjahr 2014 damit an, Angebote zu entwerfen.
Ich hatte als studierter Historiker und Philosoph ja nur recht spärliche BWL-Kenntnisse, aber irgendwie hatte mich ein Blogartikel inspiriert, in welchem es um das Thema Verkaufen ging. Zum ersten Mal überhaupt wurde mir klar, dass wir Produkte bzw. Reisen brauchten, welche gefunden und gekauft werden konnten.
Das mag für viele Menschen recht logisch klingen, für mich war das allerdings nicht ganz so offensichtlich. Doch nachdem wir dann ein paar schöne Rundreisen entworfen und verkauft hatten, war es dann auch nur eine Frage der Zeit, bis wir eine Reise verkaufen würden und dann auch tatsächlich Gewinn machen würden.
Wer sind „wir“ überhaupt? Neben meinem Vater und meinem Bruder, die von Anfang an dabei waren, ist auch meine Frau dazu gestoßen und hatte mit mir den wichtigen Schritt vom „Blogger“ zum Unternehmer vollzogen. Sie hat mich während der letzten Jahre auch bei vielen wichtigen Entscheidungen beraten und war wie ein zweites Gewissen für mich.
Mittlerweile haben wir ein ganzes Team aufgebaut mit verschiedenen Departmens für Accounting, Bookings und Sales. Customer Service / Operations und Product Development sollen als nächstes untergliedert werden, unlängst haben wir „business processes“ und „role descriptions“ angefertigt, arbeiten mit „sales funnels“ und überlegen uns strategische Ziele. Kurz gesagt: es ist ein kleines Unternehmen entstanden, an dem mehr oder weniger 20 Menschen mitarbeiten.
Alleine hätte ich es kaum geschafft, mehr als 100000 Euro in einem Monat umzusetzen – das ganze Team hat daran gearbeitet und versucht dabei, eine höhere Vision und eine Mission zu verfolgen. Das ist für mich persönlich einer der wichtigsten Punkte überhaupt im Unternehmen: Es muss für mehr stehen als die reine Gewinnmaximierung, die „bottom line“. Gerade „millenials“ wollen auch an einer Sache arbeiten, die einen höheren Sinn macht, die erfüllend ist.
Über Vision & Mission schreibe ich ein andermal etwas ausführlicher. Spätestens dann, wenn wir hoffentlich mehr als eine Million Euro Umsatz innerhalb eines Jahres gemacht und dabei Vision & Mission erheblich vorangebracht haben!