Ein etwas aufschreckender Titel, der mich persönlich den Atem anhalten lässt: „the 5 regrets of the dying“ (dt. „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“). Ich selber habe das zugehörige Buch von Bronnie Ware noch nicht gelesen – ich wusste vor drei Jahren ehrlich gesagt überhaupt nicht, dass es auch ein Buch dazu gibt.

Ich war zum ersten Mal über Martin, den besten Freund meines Bruders, darauf aufmerksam geworden. Und neulich bin ich in einer Episode von TomsTalkTime wieder einmal darauf gestoßen (übrigens ein grandioser Podcast!). Worum ging es damals? Ich stand im Dezember 2012 kurz vor dem Ende meines recht langen Studiums (insgesamt war ich locker mehr als 8 Jahre an der LMU München immatrikuliert) und stand vor der Frage: was tun?

Sollte es nun direkt in einen festen Job, in die Arbeitswelt gehen? Oder sollte ich – wie ich es häufig davor in den Semesterferien gemacht hatte – einmal mehr auf die Philippinen, meine zweite Heimat gehen? Mein Herz schlug für das Abenteuer, für eine weitere Reise; mein Verstand sagte mir: verdiene jetzt erst mal Geld und verschiebe das Reisen auf später.

Doch das viele Reisen war schon seit vielen Jahren eine Leidenschaft von mir, und die Nacht, in welcher Martin mir von diesen „5 regrets of the dying“ erzählte, brachte dann die finale Entscheidung: Ich würde München nach etwa 10 Jahren verlassen und mich in ein großes Abenteuer wagen, das übrigens immer noch anhält.

Wenn ich heute zurückblicke, dann war diese Nacht wirklich lebensverändernd für mich. Bei den „5 regrets of the dying“ geht es kurz zusammengefasst darum, dass eine australische Krankenschwester über Jahre hinweg dokumentiert hat, was Sterbende während ihrer letzten Tage vor dem Tod besonders bereut haben. Die Top 5 waren dabei (Quelle: theguardian.com):

1. I wish I’d had the courage to live a life true to myself, not the life others expected of me. Frei übersetzt: Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, ein Leben zu leben, bei dem ich mir selbst treu bin, und nicht ein Leben lebe so wie es Andere von mir erwartet hatten.

Wie viele Wünsche, wieviele Träume schiebt man ewig lang vor sich her, um sie vielleicht irgendwann einmal in seinem Leben anzugehen oder auch überhaupt nicht? Ich fühlte mich damals sehr angesprochen und hatte die starke Intuition: Ja, oftmals wird es einem doch so eingetrichtert und suggeriert, dass man nicht einfach so seinen Träumen nachgehen kann, man solle doch „auf dem Boden bleiben“ und „realistisch“ sein.

In diesem Zusammenhang muss ich manchmal schmunzelnd an das Thema Rente denken: wieviele Menschen werden auf die Rente vertröstet, um das Leben dann (endlich!) ab einem Alter von 65 genießen zu können? Mal abgesehen davon, dass ich nicht wirklich glaube, dass ich jemals in den Genuss einer nennenswerten Rente kommen würde – was spricht denn dagegen, dass man auch in jüngeren Jahren schon sein Leben lebt und genießt? Auf Reisen geht, die Welt sieht und wichtige Erfahrungen macht.

Und mit Leben leben und genießen meine ich jetzt nicht, dass man faul irgendwo am Strand liegt und einen Cocktail nach dem anderen schlürft. Ich meine, dass man wirklich möglichst viele eigene Erfahrungen sammeln sollte und sich nicht allzu sehr auf die vielen „gut gemeinten“ Ratschläge anderer verlassen sollte, die es meist einfach gar nicht besser wissen, weil sie es selbst nie ausprobiert haben.

Wie sieht es bei Dir aus? Lebst Du ein Leben, das nach Deinen Vorstellungen abläuft? Oder tust Du Dinge nur deshalb, weil es so von Dir erwaret wird? Ich muss hier noch einmal an mein Studium der Geschichte und Philosophie zurückdenken: In manchen Seminaren traf ich auf einige Lehramtstudenten, die grundsätzlich desinteressiert in den Sälen hockten und am liebsten woanders gewesen wären. Auf meine Frage hin, weshalb sie auf Lehramt studieren, antworteten sie mir, dass man als Lehrer doch gut verdient und einen sicheren Job hat (so wie ihre Eltern auch).

Sollte das der ultimative Grund dafür sein, dass man Lehrer wird? Wie gut können Lehrer sein, die deshalb die Lehrerausbildung eingeschlagen haben, weil es ihre Eltern auch gemacht haben, und weil man dann einen „sicheren Job“ hat? Ich möchte hier auf keinen Fall irgendeinem Lehrer mit Leidenschaft zu nahe treten, ich habe selber wirklich sehr gute Lehrer in meinem Bekannten- und Freundeskreis. Aber ich bin eben auch wirklich einigen (zukünftigen) Lehrern begegnet, die vielleicht einen anderen Beruf hätten wählen sollen. Und überhaupt: dieses Phänomen gibt es sicher auch bei Ärzten, Ingenieuren und allen anderen Berufsgruppen.

2. I wish I hadn’t worked so hard. Frei übersetzt: Ich wünschte, ich hätte nicht so viel gearbeitet. Diese Antwort kam im Prinzip von allen männlichen Patienten, welche Bonnie an den letzten Tagen ihrer Lebensreise begleitet hat.

Kennst Du auch das Gefühl, in einem ewigen Hamsterrad zu stecken? Vor lauter Arbeit findet man kaum mehr Zeit, um anderen Hobbies und Leidenschaften nachzugehen. Ich persönlich bin da ganz ehrlich: Für ein paar Jahre könnte das bei mir gut gehen, aber langfristig?! 20, 30 oder gar 40 Jahre und mehr in einem „9-to-5“ Job zu sein, um seine Miete, sein Haus, sein Auto, Versicherungen und alles Weitere abbezahlen zu können, ist für mich unvorstellbar. Und mich wundert es überhaupt nicht, wenn Menschen dann irgendwann einmal ausgebrannt sind und sich in einem ewigen Alltagstrott wiederfinden, der reichlich uninspiriert ist.

3. I wish I’d had the courage to express my feelings. Frei übersetzt: Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt, meine Gefühle auszudrücken.

4. I wish I had stayed in touch with my friends. Frei übersetzt: Ich wünschte, ich hätte den Kontakt zu meinen Freunden aufrecht erhalten.

Echte Freundschaften aufzubauen dauert Zeit. Freundschaften müssen gepflegt werden. Ich persönlich bin derzeit viele tausend Kilometer von meinen meisten langjährigen Freunden entfernt, da viele von ihnen in Deutschland leben, und ich mich schon seit über 3 Jahren fast durchgehend im Ausland befinde – momentan in Australien, am anderen Ende der Welt.

Lachende Kinder auf dem Carbon Market, Cebu City, Philippinen: "Be happy!"

Lachende Kinder auf dem Carbon Market, Cebu City, Philippinen: „Be happy!“

Und gerade in der Ferne wird mir umso klarer, wie wichtig es ist, zumindest hin und wieder einmal den Hörer in die Hand zu nehmen oder Skype anzuschmeißen, um sich nach den neuesten Entwicklungen zu erkundigen. Die Sorgen mitzubekommen, aber vor allem auch die Freuden und positiven Entwicklungen mitzuerleben, sofern das über solch eine Distanz überhaupt möglich ist. Ich freue mich riesig, wenn ich im Juli wieder für ein paar Wochen in der alten Heimat bin und einige meiner Freunde besuchen und mich mit ihnen „live“ austauschen kann.

Wie sieht es bei Dir aus? Kümmerst Du Dich um Deine Freunde? Oder bist Du im stressigen Alltag einfach zu sehr eingebunden, und hast für nichts Zeit? Ein fünfzehnminütiger Anruf pro Woche sollte auf jeden Fall drin sein, selbst wenn man am anderen Ende der Welt ist.

5. I wish that I had let myself be happier. Frei übersetzt: Ich wünschte, ich hätte es mir erlaubt, glücklicher zu sein.

Ein sehr wichtiger Gedanke zum Schluss: Glücklich zu sein ist eine Entscheidung! Sei einfach glücklicher. Mach das innere Glück nicht vom Wetter, schlecht gelaunten Menschen oder sonst irgendetwas in Deiner Umwelt abhängig.

Passend hierzu möchte ich kurz eine Passage aus Stephen Covey´s „7 Habits of Highly Effective People„* zitieren:

Sometimes the most proactive thing we can do is to be happy, just to genuinely smile. Happiness, like unhappiness, is a proactive choice. There are things, like the weather, that our Circle of Influence will never include. But as proactive people, we can carry our own physical or social weather with us. We can be happy and accept those things that at present we can´t control, while we focus our efforts on the things we can.

Ich hoffe, dass Dir dieser Beitrag etwas geben konnte. Ich hatte einfach das Bedürfnis, ein paar Zeilen rund um „the 5 regrets of the dying“ zu schreiben. Ich habe natürlich ein paar Dinge überspitzt dargestellt, aber mir geht es auch bewusst darum, einfach mal ein wenig „aufzurütteln“. Wie schon erwähnt, haben mich diese Dinge, die Sterbende besonders bereut haben, nachhaltig im Denken und Handeln beeinflusst.

Mein Leben würde heute vermutlich ein wenig anders aussehen, wenn ich vor etwas mehr als drei Jahren anders entschieden hätte. Doch ich bin sehr froh, dass ich mich gewissermaßen gegen die Konventionen entschieden habe, auch gegen den Rat einiger Freunde. Aber es geht halt um mein Leben, und ich habe doch nur eines. Und das möchte ich so selbstbestimmt wie möglich angehen, viele Erfahrungen machen, Abenteuer erleben, mir wirklich eine eigene Meinung bilden, mich mit Freunden treffen, praktiv sein, nicht zu viel (für andere) arbeiten – wobei ich daran mit locker 50-60 Stunden Arbeit pro Woche sicher noch ein wenig arbeiten muss:) Allerdings wähne ich mich sehr glücklich und werde die nächsten Jahre viel reisen und als Travelpreneur, als selbständiger Unternehmer arbeiten.

Wie sieht es bei Dir aus, bereust Du irgendetwas? Hast Du eine Meinung zu diesem Thema? Ich würde mich sehr freuen, diese hier zu lesen!